Soweit das Sehen reicht

Soweit das Sehen reicht

Und immer ist es mit Licht verknüpft. Mit dem Licht, das die Objekte aussenden, um gesehen zu werden. Das Licht, das sie abhebt vom dunklen Hintergrund, dem schwarzen, lichtlosen Hintergrund. Ein eigener Wille, Licht auszusenden, kann den Objekten aber nicht zugesprochen werden. Sie halten unseren Blick fest, auch wenn es nur für Momente ist, den Blick, der sonst herumirren würde in der Tiefe des Dunklen. Aber nicht alle Objekte sind wir imstande wahrzunehmen. Der bevorzugte Parameter ist die Helligkeit, der entscheidende Verschweiger die Lichtschwäche. Andere Einflüsse entziehen sich der täglichen Erfahrung.

Doch sehen unsere Instrumente so viel mehr als unser Auge, machen es für dieses sichtbar, in der großen wie in der kleinsten Dimension. Allein um das, was der Mensch sieht seit Anbeginn, seit er sein Auge aufhob zu den Sternen, hat sich eine Unendlichkeit aufgetan, die unvorstellbar ist, selbst dann, wenn es sich um eine Endlichkeit handeln sollte. Größenordnungen in jedem Bereich, die nur noch in Zahlen, sehr großen Zahlen oder sehr kleinen beschrieben werden können und sich fast gänzlich einem vorstellbaren Vergleich entziehen.

Eine ungeheure Anzahl von Lichtjahren soll das Universum groß sein oder weit oder tief. In diese Weite oder Tiefe schauen wir jedoch nicht. Denn wir sehen nicht hinein oder hinaus, wir stehen oder sitzen auf unserem im Sonnenlicht aufleuchtenden Staubkorn und warten. Wie in vielem sind wir auch hier ausgeliefert, rein passiv; wir empfangen die Strahlen, die bei uns ankommen – und wir staunen.

Und wir interpretieren. Wir dürfen uns wundern, in poetischen Bildern denken und sprechen zu können, nach einer Erklärung zu suchen dessen, das uns umgibt. Vielleicht ist eine poetische Annäherung an eine Erklärung der Erscheinungen die bessere, nicht weil sie genauer ist, sondern weil sie umfassender ist und dem Gesamten eher gerecht wird als eine mathematische Beschreibung.

Auch vielleicht deshalb, weil ein Traum der Welt unserem Wesen eher entspricht, weil ihre Ungenauigkeit in uns fortlebt. Weil wir nicht außerhalb sind, nirgends. Deshalb auch können wir als Beobachter keine Position einnehmen, die uns das Ganze gewissermaßen aus einer sicheren Distanz betrachten lässt. Und so erfinden wir Geschichten, Märchen, Träume, in denen wir uns so fühlen dürfen, als würden wir etwas verstehen, als wären wir Handelnde, als wären wir sicher.