Lachen

Lachen

                             [Person A betritt die Bühne, lacht, unmäßig, auch verzweifelt]

Person A         Haha ………..haha

Person B         Warum lachst du? Gibt es was Komisches?

                             [Person A lacht weiter]

Person A         Ich wollte schon immer  ……..schon immer über die Welt lachen. Gab es da nicht bereits früher einen  Lacher, einen Auslacher, einen …..

Person B         Lachst du wirklich über die ganze Welt?

Person A         Die ganze Welt ist möglicherweise irreführend. Lachen über alles, das ist die Richtung.

Person B         Man kennt nur wenig, also kann man nur über wenig lachen.

Person A         Nein, man kann über alles lachen, auch über das, was man nur ungenau kennt. Über das kann man besonders laut lachen, da muss man keine Hemmungen überwinden.

Person B         Aber du kannst nur über Menschen lachen.

Person A         Es gibt auch komische Tiere, komische Pflanzen.

Person B         Die können nichts dafür, wie sie sind.

Person A         Und Menschen, können die was dafür?

                             [Person A lacht]

Person B         Bist du ein Mensch?

Person A         Ich weiß nicht genau – ich bin nicht Tau.

Person B         Tau vom frühen Morgen?

Person A         Tau aus nebel & naß, auch nicht Lau.

Person B         Du wirkst aber wie ein Mensch aus nebel & blatt.

Person A         Gut, aus nebel & nassem blatt.

                              [Person A geht umher]

Person A         Menschen tragen so flache Rechtecke vor sich her, leicht schräg gehalten, soll wohl den Regen ableiten.

Person B         Vielleicht bist du ein Roboter und brauchst das nicht. Hat irgendetwas mit Kommunikation zu tun.

Person A         Mit Regen. Aber es regnet nicht mehr. Der Regenableiter ist überflüssig. Über den kann man lachen.

Person B         Das ist nur ein Gerät.

Person A         Lächerlich. Zum Lachen. – Aber ein Roboter, der über alles lacht, wird aussortiert.

Person B         Ein Mensch, der über alles lacht, wird auch aussortiert. Rein in die Irrenanstalt.

Person A         Heißt das Irrenanstalt? Ein Roboter, der über alles lacht, gehört auch in die Irrenanstalt.

Person B         Ein Mensch, der über alles lacht, ist unbrauchbar.

Person A         Ein unbrauchbarer Mensch wird ersetzt, durch einen Roboter. Ich wollte ja schon immer ……

Person B         ….. über alles lachen?

                             [Person B lacht]

Person A         …. Über die Gesamtvorstellung lachen, die hier abgeliefert wird. Die Menschheitsgesamtvorstellung.

Person B         Darin gibt es aber viele unbelachbare Dinge, da, wo einem das Lachen im Halse stecken bleibt, wie man sagt.

Person A         Und genau über sowas muß man lachen, lachen, bis die Dinge zerfallen, bis der Wahnsinn selbst es nicht mehr aushält.

Person B         Dazu benötigte man ein gigantisches Lachen.

Person A         Ja, ein gigantomanisches Lachen, übernatürlich.

Person B         Das kann nur ein Gott – oder ein Teufel.

Person A         Vom teuflischen Lachen rede ich nicht, obwohl es durchaus einige mephistophelische Züge haben könnte.

Person B         Was willst du mit dem Lachen erreichen?

Person A         Erreichen? Erreichen nichts im Sinne von Erfolg. Es sollte nur gewaltiger sein als alles Getöse dieser Welt. Es sollte alle und alles erschrecken, lächerlich machen, zum Einhalten führen – wenn auch nur für einen Moment.

Person B         Der Moment, der die Welt verändert!

                             [herausfordernd]

Person A         Warum nicht? Warum nicht? Wenn sich ein Körper in eine Richtung bewegt, muss er für einen winzigen Moment anhalten, bevor er sich in die entgegengesetzte Richtung bewegen kann.

Person B         Woher willst du das weltverändernde Lachen nehmen?

Person A         Daher, woher wir genommen wurden: aus dem gänzlich Unbekannten – auch: aus mir selbst.

Person B         Ist das Unbekannte nicht Gott?

Person A         Gott kennen wir nicht. So gesehen schon.

Person B         Wir müssen möglicherweise nur abwarten, bis das große Lachen kommt.

Person A         Nein, abwarten nicht, warten nicht. Da gibt es außerdem schon zwei, die warten.

Person B         Schon länger?

Person A         Schon sehr lange. Yes, Go dot, they say.

                             [letzteres englisch]

Person B         Zum Punkt? Zum Punkt gehen ….

                             [überlegt]

Person A         Zum entscheidenden Punkt [lacht] – zum Lachpunkt.

Person B         Das ist doch Quatsch!

Person A         Einfach zum Lachen, zum Totlachen ist das.

Person B         Du wolltest die Leute erschrecken, nicht totlachen.

Person A         Richtig – und nicht richtig! Das Gelächter muß bis hinauf in den Olymp zu hören sein; die Götter müssen glauben, ihresgleichen lacht – und es nicht verstehen.

Person B         Über Gott – oder meinetwegen – die Götter darf man nicht lachen.

Person A         Papper-lach-papp. Können wir lachen? – Ja. – Also können wir auch über die Götter lachen. Hätten sie uns das Lachen nicht gegeben ….

Person B         Das Lachen war sicherlich ein Geschenk an uns.

Person A         ….. eine Unvorsichtigkeit, ein gewisser Leichtsinn, dass sich das Lachen entwickelt und größer wird, damit haben sie nicht gerechnet.

Person B         ….. dass sie ausgelacht werden könnten.

Person A         ….. dass der kleine Mensch ausufernd lachen würde, anschwellend, ein Crescendo.

Person B         Müssen wir nicht Angst haben?

Person A         Wovor?

Person B         Dass sie nicht nur das Lachen zurücknehmen, sondern uns als Ganzes, den Menschen überhaupt.

Person A         Nicht nötig, es gibt nur wenige, die lachen. Und das in mir lauernde Lachen, das über sie hinweg rollen würde und wird, ist eine Singularität.

Person B         Hast du keine Angst?

Person A         Doch. Aber das ist mir der Spaß wert. [lacht] Außerdem lache ich nicht nur über die Götter sondern vor allem über die Menschen und das Weltengetümmel.

Person B         Wissen sie das?

Person A         Davon gehe ich aus, und das erwarte ich auch von ihnen. Du weißt: der Herr sieht alles und riacht alles, und so weiter.

Person B         Nicht beneidenswert.

Person A         Falls sie nicht kleinlich sind und alles auf sich beziehen, wie das die Menschen oft machen, können sie mein Lachen über die Menschenwelt mit Amüsement betrachten.

Person B         Und wenn nicht?

Person A         Dann muss man mit üblen Fouls, Hinterlist und Rache rechnen. Das hieße auch: Auch dort hat sich seit den antiken Zeiten nichts geändert.

Person B         Wo ist meine Schuld, wird der Mensch fragen.

Person A         Nein. Nein. Wo ist der Weltenbaumeister, der diese Konstruktionen erfunden hat, würde ich fragen – und sie wissen es.

Person B         Gibt es da noch einen Ausweg?

Person A         Auslachen. Weglachen. Niederlachen.

Person B         Und wenn das nicht funktioniert?

Person A         Dann frag‘ ich den Verwandler, den Unfaßbaren, den Nichterkennbaren.

Person B         Darf ich fragen, wer das ist?

Person A         Das ist der, der seine Gestalt ändern kann, wie er will. Auch ist es der, der die Zukunft oder doch Teile davon kennt.

Person B         Warum will er seine Gestalt ändern? Ist er zuerst Meier und am nächsten Tag Müller?

Person A         Viel raffinierter! Er ist jetzt Meier und vielleicht schon im nächsten Augenblick eine Taube oder eine Wolke.

Person B         Was ist denn seine Normalerscheinung, seine Alltagsform?

Person A         Das ist nicht ganz klar. Ich habe aber gehört, er treibe sich gern bei Robben herum.

Person B         Wenn du lachst, verschwindet er wahrscheinlich.

Person A         Wenn er ein Freund des Lachens ist, nicht. Angeblich leidet er jedoch unter seiner Sehergabe. Kann sein, dass er nicht lacht.

Person B         Du könntest doch auch nicht lachen.

Person A         Ich müsste mich unerkannt nähern und ihn fragen, was die Götter vom Überraschungscoup Lachen halten, wie sie darauf reagieren werden.

Person B         Ich glaube nicht, dass sie sich auslachen lassen.

Person A         Es soll ein gewaltiges Lachen über alles sein – kein Auslachen.

Person B         Hoffentlich erkennen sie das.

Person A         Stell dir vor, er wäre eine Seejungfrau, der ich mich nähern könnte, und sie würde mit mir sprechen.

Person B         Über die unsichere Zukunft des Lachens in postmoderner Zeit ….

                             [eher belustigt]

Person A         Sie würde mir mit ihren seherischen Fähigkeiten zu Diensten sein – und, weil wir uns auf Anhieb sympathisch wären, würde ich jedenfalls schon Pläne schmieden.

Person B         Irgendwie ist es immer das gleiche Spiel, unfaßbar.

                              [schüttelt dabei den Kopf]

Person A         Dabei käme ich ihr näher und sie ist im Begriff, die Reaktion auf das große Lachen zu enthüllen, als ich meine Hand nach ihr ausstrecke, sie zärtlich fassen will.

Person B         Ein Fehler, ein großer Fehler!

Person A         Doch schon entgleitet sie ins Meer, ist bereits selbst schon Wasser, entzieht sich der menschlichen Hand, meiner, der Wärme, dem Begehren.

Person B         Traurig, sehr traurig.

Person A         An dieser Stelle entfällt das Lachen, meine Damen und Herren.

                             [Ad Spectatores]

Person B         Traurig. Wirklich traurig.

Person A         Wenn’s schlecht läuft, lachen die da oben über mich. Das hatte ich nicht vorgesehen. – Wir müssen uns zusammenreißen!

Person B         Jawoll, zusammenreißen … und lachen!   [lacht gekünstelt]

Person A         Exakt! Wir werden trotz vorhandener Bedenken gnadenlos lachen.

Person B         Sofort?

Person A         Morgen, ich denke, morgen ist besser.